In der aktuellen Folge unseres Podcasts „Auf einen Kaffee mit…“ widmen sich unsere Rechtsanwältinnen Nadine List und Eve Rowoldt-Spring einem oft übersehenen, aber rechtlich relevanten Thema: den Aushangpflichten für Arbeitgeber. Auch kleine Betriebe mit nur einem Mitarbeiter können davon betroffen sein.
Aushangpflichten – Was ist Pflicht für Arbeitgeber?
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, bestimmte gesetzliche Regelungen und Verordnungen für ihre Mitarbeiter sichtbar und jederzeit zugänglich zu machen. Diese sogenannten Aushangpflichten gelten unabhängig von der Unternehmensgröße bereits ab dem ersten Beschäftigten. Ziel ist es, den Arbeitnehmern die Möglichkeit zu geben, sich über ihre Rechte und Schutzvorschriften zu informieren – jederzeit und ohne Unterstützung durch den Arbeitgeber.
Wer ist zur Aushangpflicht verpflichtet?
Grundsätzlich jeder Arbeitgeber – unabhängig von der Betriebsgröße. Sobald ein Arbeitnehmer beschäftigt wird, greifen gesetzliche Vorschriften, die vorschreiben, dass bestimmte Informationen oder Gesetze öffentlich zugänglich gemacht werden müssen. Dabei kommt es nicht nur auf die Anzahl der Mitarbeitenden an, sondern auch auf deren Zugangsmöglichkeiten – digital oder analog.
Digitale oder analoge Aushänge – was ist erlaubt?
Die Aushänge können in verschiedenen Formen erfolgen:
- Schriftlich: Plakate, Ordner oder ausgedruckte Dokumente an gut zugänglichen Stellen.
- Digital: Intranet, interne Plattformen oder Mitarbeiter-Apps.
Wichtig ist, dass jeder Mitarbeiter die Aushänge uneingeschränkt und jederzeit einsehen kann – ohne Unterstützung durch den Arbeitgeber. Bei digitalen Aushängen muss jeder Zugang zu den Dokumenten haben. Wenn nicht jeder Mitarbeiter einen Computer hat, muss ein zugänglicher Arbeitsplatz bereitgestellt werden.
Was passiert bei Verstößen gegen die Aushangpflicht
Die Folgen sind nicht zu unterschätzen: Bei Missachtung drohen Bußgelder bis zu 5.000 Euro oder sogar Schadensersatzansprüche, etwa bei Arbeitsunfällen infolge fehlender Arbeitsschutzinformationen. Die Aushangpflicht ist also kein „Papiertiger“, sondern eine echte Arbeitgeberpflicht mit rechtlichen Konsequenzen.
Welche Gesetze müssen ausgehängt werden?
Beispiele für verpflichtend auszuhängende Gesetze:
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Arbeitszeitgesetz
- Mutterschutzgesetz (ab 3 weiblichen Mitarbeitenden)
- Jugendarbeitsschutzgesetz (bei jugendlichen Beschäftigten)
Je nach Branche und Mitarbeitertyp können weitere Regelungen gelten. In manchen Fällen genügt ein Auszug, in anderen ist das vollständige Gesetz inklusive Fristen und Ansprechstellen erforderlich.
Übersicht: Aushang- und Informationspflichten für Arbeitgeber
| Geltungsbereich | Rechtsgrundlage | Wer ist betroffen | Form der Bekanntgabe | Inhalt |
|---|---|---|---|---|
| AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) | § 12 Abs. 5 AGG | Alle Betriebe | Aushang oder digitale Bereitstellung | Gesetzestext, § 61b ArbGG, zuständige Beschwerdestelle |
| Arbeitsschutzvorschriften | Je nach Verordnung (z. B. ArbStättV, GefStoffV) | Branchenabhängig | Aushang oder Einsicht an geeigneter Stelle | Relevante Sicherheitsvorschriften |
| Arbeitszeitgesetz | § 16 Abs. 1 ArbZG | Alle Betriebe | Aushang oder digitale Bereitstellung | Gesetzestext, einschlägige Verordnungen, Tarif- oder Betriebsvereinbarungen |
| Betriebsvereinbarungen | § 77 Abs. 2 S. 4 BetrVG | Alle betroffenen Betriebe | Aushang oder Auslegung | Unterzeichnete Vereinbarung |
| Heimarbeitsgesetz | §§ 8, 19, 22 HAG | Auftraggeber von Heimarbeit | In Ausgaberäumen sichtbar aushängen | Liste der Heimarbeiter, Entgelt- und Vertragsbedingungen |
| Jugendarbeitsschutzgesetz | §§ 47, 48, 54 Abs. 3 JArbSchG | Betriebe mit Jugendlichen | Aushang oder digitale Bereitstellung | Gesetzestext, Aufsichtsbehörde, ggf. Arbeitszeiten & Pausen |
| Ladenschlussgesetz (Bayern) | Art. 9 Abs. 6 BayLadSchlG | Verkaufsstellen mit Beschäftigten | Aushang oder digitale Bereitstellung | Gesetzestext und zugehörige Verordnungen |
| Mutterschutzgesetz | § 26 MuSchG | Betriebe mit mind. 3 Frauen | Aushang, Auslegung oder digital | Gesetzestext |
| Teilzeit- und Befristungsgesetz | § 18 TzBfG | Arbeitgeber mit Befristeten | Aushang oder Bekanntgabe | Offene unbefristete Stellen |
| Tarifvertragsgesetz | § 8 TVG | Tarifgebundene Arbeitgeber | Aushang oder Bekanntgabe | Geltende Tarifverträge |
| Unfallverhütungsvorschriften | §§ 15, 138 SGB VII | Alle Arbeitgeber | Unterweisung und Information | UVV, zuständige Berufsgenossenschaft |
| Vermögensbildungsgesetz (5. VermBG) | § 11 Abs. 4 5. VermBG | Arbeitgeber mit vermögenswirksamen Leistungen | Jährliche Bekanntgabe | Anlagetermin |
| Betriebsrats- und SBV-Wahlen | Entsprechende Wahlordnung | Betroffene Betriebe | Nach Wahlordnung | Wählerliste, Wahlvorschläge, Ergebnisse |
Fazit: Aushangpflichten als Grundlage für Transparenz und Rechtssicherheit im Betrieb
Die Einhaltung der Aushangpflichten ist für Arbeitgeber nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern auch Ausdruck einer verantwortungsvollen Unternehmenskultur. Durch transparente Kommunikation und Information der Mitarbeiter über ihre Rechte und Schutzvorschriften wird das Vertrauen gestärkt und ein respektvolles Arbeitsumfeld gefördert. Arbeitgeber sollten daher sicherstellen, dass alle relevanten Gesetze und Verordnungen ordnungsgemäß ausgehängt oder bekannt gemacht werden und stets aktuell sind.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zu Aushangpflichten für Arbeitgeber
1. Was sind Aushangpflichten?
Aushangpflichten sind gesetzliche Vorschriften, die Arbeitgeber dazu verpflichten, bestimmte Informationen ihren Beschäftigten zugänglich zu machen. Dies dient der Information und dem Schutz der Arbeitnehmer.
2. Welche Gesetze unterliegen der Aushangpflicht?
Zu den wichtigsten aushangpflichtigen Gesetzen gehören das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das Arbeitszeitgesetz (ArbZG), das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG), das Mutterschutzgesetz (MuSchG), das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) und das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
3. Wie können Aushangpflichten erfüllt werden?
Aushangpflichten können durch Aushang, Auslage oder Bekanntmachung erfüllt werden. Seit dem 1. Januar 2025 ist auch die digitale Bekanntgabe zulässig, sofern alle Beschäftigten ungehinderten Zugang zu den Informationen haben.
4. Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?
Bei Verstößen gegen die Aushangpflichten können Bußgelder verhängt, Schadensersatzansprüche geltend gemacht und Betriebsratswahlen angefochten werden.
5. Gibt es eine Übersicht der aushangpflichtigen Gesetze?
Ja, verschiedene Industrie- und Handelskammern (IHKs) stellen Übersichten der wichtigsten aushangpflichtigen Gesetze zur Verfügung. Diese sind auf den jeweiligen Webseiten der IHKs einsehbar.